Der Einheitswert ist ein steuerlicher Begriff, der jahrzehntelang eine zentrale Rolle in der Bewertung von Grundstücken und Immobilien in Deutschland spielte. Er bezeichnet den vom Finanzamt festgestellten Wert einer Immobilie oder eines Grundstücks, der auf Basis von alten Bewertungsstichtagen berechnet wurde. In Westdeutschland galten dabei die Wertverhältnisse von 1964, in Ostdeutschland sogar die Verhältnisse von 1935. Dieser Wert war damit über viele Jahrzehnte weit von den tatsächlichen Marktpreisen entfernt. Trotzdem bildete der Einheitswert die Grundlage für die Berechnung der Grundsteuer sowie für weitere steuerliche Zwecke, etwa bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Mit der Grundsteuerreform 2025 werden die Einheitswerte endgültig durch ein modernes Bewertungsverfahren abgelöst.
Rechtliche Grundlage
Die Ermittlung des Einheitswerts ist im Bewertungsgesetz (BewG) geregelt. Grundlage war ein fester Stichtag, der die Wertverhältnisse in Westdeutschland auf den 1. Januar 1964 und in Ostdeutschland auf den 1. Januar 1935 festschrieb. Da sich seitdem die Immobilienpreise massiv verändert haben, führte dies über die Jahrzehnte zu erheblichen Abweichungen zwischen Einheitswert und realem Verkehrswert.
Berechnung des Einheitswerts
Der Einheitswert wurde auf Basis standardisierter Bewertungsverfahren berechnet. Dabei spielten Faktoren wie Grundstücksgröße, Lage, Art der Bebauung und Nutzung eine Rolle. In der Praxis führte das System jedoch zu einer ungleichen Belastung, da Immobilien in stark gestiegenen Lagen steuerlich unterbewertet blieben, während andere Objekte verhältnismäßig höher belastet wurden.
Bedeutung des Einheitswerts
Der Einheitswert diente über Jahrzehnte als Grundlage für mehrere Steuerarten:
- Grundsteuer: Berechnung der jährlichen Steuerbelastung für Grundstückseigentümer.
- Grunderwerbsteuer: zeitweise ebenfalls auf Basis des Einheitswerts, später durch Kaufpreis ersetzt.
- Erbschaft- und Schenkungsteuer: insbesondere bei Grundstücksübertragungen auf Basis des Einheitswerts.
Da der Einheitswert so stark von den realen Marktverhältnissen abwich, war seine Nutzung in vielen Fällen umstritten und führte zu verfassungsrechtlichen Bedenken.
Kritik am Einheitswert
Die größte Kritik am Einheitswert war seine Veralterung. Immobilienpreise in deutschen Städten haben sich seit den 1960er-Jahren vervielfacht, während die steuerliche Grundlage unverändert blieb. Dies führte dazu, dass Grundstückseigentümer mit vergleichbaren Immobilien je nach Lage und Region stark unterschiedlich belastet wurden. Das Bundesverfassungsgericht erklärte 2018 die bisherigen Bewertungsregeln für verfassungswidrig, da sie gegen den Gleichheitsgrundsatz verstießen.
Grundsteuerreform 2025
Als Folge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde eine umfassende Grundsteuerreform beschlossen. Ab dem Jahr 2025 wird die Grundsteuer nicht mehr auf Basis der alten Einheitswerte erhoben, sondern auf Grundlage aktueller Immobilien- und Grundstücksdaten. Dabei berücksichtigen die neuen Verfahren Faktoren wie Grundstücksfläche, Wohnfläche, Bodenrichtwert und Immobilienart. Ziel ist es, die Steuer gerechter und näher am tatsächlichen Wert zu berechnen.
Übergangszeit und Umsetzung
Bis zur Umstellung im Jahr 2025 behalten die Einheitswerte noch ihre Gültigkeit. Grundstückseigentümer mussten im Jahr 2022 bereits eine Grundsteuererklärung abgeben, in der aktuelle Daten zum Grundstück und Gebäude an das Finanzamt übermittelt wurden. Diese bilden die Grundlage für die künftige Steuerberechnung. Die alten Einheitswerte werden damit Schritt für Schritt durch die neuen Bewertungsmodelle ersetzt.
Vor- und Nachteile des Systems
Vorteile des Einheitswerts:
- lange Zeit einfache und einheitliche Bewertungsgrundlage,
- klare gesetzliche Regelungen im Bewertungsgesetz,
- Verwaltungsvereinfachung für Finanzämter.
Nachteile:
- starke Abweichung von Marktwerten,
- ungleiche steuerliche Belastung für Eigentümer,
- Verfassungswidrigkeit wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes.
Praxisbeispiel
Ein Einfamilienhaus in München wurde steuerlich nach den Wertverhältnissen von 1964 mit einem Einheitswert von 50.000 Euro angesetzt. Der tatsächliche Marktwert lag jedoch 2020 bei rund 1 Million Euro. Trotz der enormen Wertsteigerung wurde die Grundsteuer jahrzehntelang auf Basis des Einheitswerts berechnet – ein Beispiel für die Diskrepanz zwischen Theorie und Realität.
Fazit
Der Einheitswert war über Jahrzehnte die steuerliche Grundlage für die Bewertung von Grundstücken und Immobilien. Aufgrund seiner Veralterung und der massiven Abweichungen zu den Marktwerten wurde er 2018 vom Bundesverfassungsgericht gekippt. Mit der Grundsteuerreform 2025 wird der Einheitswert endgültig durch moderne Bewertungsgrundlagen ersetzt. Für Eigentümer bedeutet das zwar zunächst bürokratischen Aufwand, langfristig jedoch eine gerechtere und transparentere Besteuerung.





