Die Reallast ist ein im Grundbuch eingetragenes Recht, das den jeweiligen Eigentümer eines Grundstücks verpflichtet, wiederkehrende Leistungen an einen Berechtigten zu erbringen. Diese Leistungen können in Form von regelmäßigen Geldzahlungen, Naturalien oder Dienstleistungen erfolgen. Im Gegensatz zu einer Hypothek oder Grundschuld, die der Sicherung eines Kredits dienen, stellt die Reallast eine tatsächliche Leistungsverpflichtung dar – also eine dauerhafte Pflicht, etwas zu tun oder zu geben, solange die Belastung besteht.
Was ist eine Reallast im rechtlichen Sinne?
Nach § 1105 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist eine Reallast ein dingliches Recht, das den Eigentümer eines Grundstücks verpflichtet, wiederkehrende Leistungen an den Begünstigten zu erbringen. Das bedeutet, dass die Verpflichtung nicht an eine Person, sondern an das Grundstück selbst gebunden ist. Wechselt also der Eigentümer, übernimmt der neue Eigentümer automatisch die Verpflichtungen aus der Reallast.
Diese Regelung soll sicherstellen, dass bestimmte Versorgungs- oder Geldleistungen dauerhaft und unabhängig von einem Eigentümerwechsel gewährleistet bleiben. Damit ist die Reallast eine Form von Grundpfandrechten, die nicht nur theoretische Bedeutung hat, sondern auch im modernen Immobilienwesen immer wieder vorkommt – insbesondere im Zusammenhang mit Altenteilen, Versorgungspflichten oder bei Grundstücksübertragungen innerhalb der Familie.
Typische Anwendungsfälle einer Reallast
Reallasten werden häufig im Rahmen von Übertragungsverträgen innerhalb der Familie oder von Leibgedingvereinbarungen (auch „Altenteilsverträge“ genannt) vereinbart. Dabei übertragen ältere Eigentümer ihr Grundstück oder Haus an die nächste Generation, behalten sich aber bestimmte Ansprüche vor.
Beispiele dafür sind:
- Versorgungsleistungen: Der neue Eigentümer verpflichtet sich, dem bisherigen Eigentümer regelmäßig eine Geldrente oder Naturalien (z. B. Brennholz, Gemüse, Fleisch aus eigener Produktion) zu liefern.
- Pflege- und Betreuungsleistungen: Oft ist festgelegt, dass der neue Eigentümer im Alter für die Pflege des ehemaligen Eigentümers sorgt oder bestimmte Unterstützungsleistungen übernimmt.
- Altenteilsrechte: Die Reallast kann Teil eines sogenannten Altenteils sein, bei dem der frühere Eigentümer ein lebenslanges Wohnrecht oder bestimmte Naturalleistungen zugesichert bekommt.
- Geldzahlungen: Häufigste Form einer Reallast ist eine monatliche Geldleistung, z. B. 200 € oder 300 € zugunsten einer bestimmten Person, meist lebenslang oder befristet.
Eintragung und rechtliche Wirkung im Grundbuch
Eine Reallast entsteht erst mit der Eintragung in das Grundbuch des belasteten Grundstücks. Sie wird in Abteilung II des Grundbuchblattes eingetragen – dort, wo auch Dienstbarkeiten und andere persönliche Rechte vermerkt sind.
Wichtig: Die Reallast ist immer an das Grundstück gebunden. Das bedeutet, dass jeder neue Eigentümer automatisch in die Verpflichtung eintritt, sobald er im Grundbuch eingetragen wird. Sie erlischt nicht durch Verkauf oder Eigentümerwechsel. Deshalb ist sie beim Immobilienkauf ein zentraler Punkt der rechtlichen Prüfung.
Vor dem Erwerb einer Immobilie sollte der Käufer daher immer einen aktuellen Grundbuchauszug anfordern, um etwaige Reallasten zu erkennen. Besteht eine solche Eintragung, sollte im Kaufvertrag klar geregelt werden, ob und wie der Käufer diese Verpflichtung übernimmt oder ob sie ggf. gelöscht werden kann.
Beispiel einer Reallast im Alltag
Ein klassischer Anwendungsfall: Ein Landwirt überträgt seinen Hof auf seinen Sohn, möchte aber bis zu seinem Lebensende eine monatliche Zahlung von 400 € erhalten sowie das Recht, einen Teil des Hauses weiter zu bewohnen. Diese Verpflichtungen werden notariell beurkundet und als Reallast im Grundbuch eingetragen.
Der Sohn (neue Eigentümer) muss diese Zahlungen leisten – und auch, wenn er den Hof später verkauft, geht die Verpflichtung automatisch auf den Käufer über. Der neue Eigentümer kann also nicht einseitig beschließen, diese Leistungen einzustellen, da sie grundbuchrechtlich gesichert sind.
Erst wenn der begünstigte Vater verstirbt oder die Reallast gelöscht wird (z. B. auf Antrag des Berechtigten), erlischt die Verpflichtung.
Formen der Reallast
Je nach Art der Leistung unterscheidet man verschiedene Formen:
- Geldreallast: Verpflichtung zur regelmäßigen Zahlung eines bestimmten Geldbetrags. Beispiel: 150 € monatlich zugunsten des früheren Eigentümers.
- Naturalreallast: Verpflichtung zur Lieferung bestimmter Güter (z. B. Obst, Brennholz, Milchprodukte).
- Dienstleistungsreallast: Verpflichtung zu wiederkehrenden Handlungen, z. B. Pflegeleistungen, Hausdienste oder Transporte.
Diese Arten können auch kombiniert werden, etwa Geldzahlung plus Pflegeleistung. Wichtig ist, dass die Leistung wiederkehrend und auf Dauer angelegt ist. Ein einmaliger Anspruch (z. B. Zahlung eines Kaufpreises) kann keine Reallast begründen.
Abgrenzung zu anderen Grundbuchrechten
Die Reallast wird häufig mit anderen Rechten verwechselt, insbesondere mit Hypothek, Grundschuld oder Nießbrauch. Die Unterschiede sind jedoch deutlich:
- Hypothek/Grundschuld: Dienen der Sicherung einer Geldforderung. Der Eigentümer muss nur leisten, wenn er mit Zahlungen in Verzug gerät. Bei der Reallast hingegen besteht eine direkte, wiederkehrende Leistungspflicht.
- Nießbrauch: Der Berechtigte darf die Immobilie nutzen und Erträge daraus ziehen, während bei der Reallast nur eine Leistungspflicht des Eigentümers besteht.
- Wohnrecht: Berechtigt zur Nutzung einer Wohnung, während die Reallast regelmäßig aktive Leistungen (Zahlungen, Lieferungen, Dienste) umfasst.
Löschung einer Reallast
Eine Reallast kann gelöscht werden, wenn der Berechtigte darauf verzichtet oder die vereinbarte Bedingung erfüllt ist (z. B. Tod des Berechtigten, Ablauf einer Frist).
Die Löschung erfolgt durch eine Löschungsbewilligung des Begünstigten, die notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen wird. In der Praxis geschieht dies häufig bei Immobilienverkäufen, wenn Käufer und Verkäufer sich auf die Ablösung der Reallast einigen und der Begünstigte eine entsprechende Entschädigung erhält.
Wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung beim Immobilienkauf
Für Käufer ist eine eingetragene Reallast ein wichtiger Punkt in der Kaufprüfung, da sie den Wert und die Nutzbarkeit der Immobilie beeinflusst. Eine monatliche Zahlungspflicht mindert faktisch den Ertrag oder erhöht die laufenden Kosten. Banken berücksichtigen Reallasten bei der Kreditbewertung und verlangen gegebenenfalls deren Löschung oder eine Anpassung der Finanzierung.
Bei familiären Übertragungen dagegen ist die Reallast ein sinnvolles Instrument, um Generationen gerecht zu verbinden: Die ältere Generation erhält Versorgung und Sicherheit, während die jüngere Generation das Eigentum übernimmt. So wird Vermögen erhalten und zugleich eine faire Verteilung der Verpflichtungen gewährleistet.
Fazit: Rechtssicherheit und Versorgung in einem
Die Reallast ist ein vielseitiges und rechtssicheres Instrument, das finanzielle oder versorgungsbezogene Verpflichtungen dauerhaft absichert. Sie sorgt dafür, dass Abmachungen zwischen Übergeber und Erwerber auch über Eigentümerwechsel hinaus Bestand haben.
Ob als monatliche Geldleistung, Pflegeverpflichtung oder Naturalabgabe – die Reallast schafft Verlässlichkeit, ist aber zugleich eine dauerhafte Belastung des Grundstücks. Käufer sollten deshalb vor einem Immobilienerwerb stets prüfen, ob und in welchem Umfang eine Reallast besteht, und gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen.
Für Übergeber bietet die Reallast dagegen eine wertvolle Möglichkeit, Eigentum zu übertragen, ohne die eigene Versorgung aufzugeben – ein Prinzip, das vor allem in der landwirtschaftlichen und familiären Nachfolge seit Jahrhunderten bewährt ist.





