Vertrag (Zivilrecht) ist die privatrechtliche Vereinbarung zwischen mindestens zwei Parteien, die durch Angebot und Annahme zustande kommt und verbindliche Rechte und Pflichten begründet. Im Immobilienbereich prägen vor allem Kaufvertrag (notariell zu beurkunden) und Mietvertrag (grundsätzlich formfrei, Schriftform empfohlen) die Praxis. Wer einen Vertrag schließt, ist an die Abmachungen gebunden – bei Pflichtverletzungen drohen Rücktritt, Schadensersatz und weitere Rechtsfolgen.
Wie ein Vertrag zustande kommt: Angebot & Annahme
Ein Vertrag entsteht durch zwei korrespondierende Willenserklärungen: ein verbindliches Angebot und dessen rechtzeitige Annahme. Das Angebot bindet den Erklärenden grundsätzlich (§ 145 BGB), die Annahme muss innerhalb der Frist erfolgen (§ 147 BGB) oder einer gesetzten Bindung (§ 148 BGB).
Essentialia negotii: Die „Muss“-Inhalte
Damit ein Vertrag überhaupt tragfähig ist, müssen die wesentlichen Vertragsinhalte feststehen (z. B. Kauf: Parteien, Kaufobjekt, Preis; Miete: Parteien, Mietsache, Mietzins). Fehlt eine Einigung über wesentliche Punkte, liegt meist kein Vertrag vor; bis zum „open terms“-Stadium gilt Vorsicht (§ 154 BGB).
Formfragen: Wann Schriftform oder Notar nötig ist
Das deutsche Recht kennt grundsätzlich Formfreiheit – Verträge können mündlich, schriftlich oder konkludent geschlossen werden. Wichtig sind jedoch Formvorschriften, die Ausnahmen statuieren:
- Immobilienkaufvertrag: Notarielle Beurkundung zwingend (§ 311b Abs. 1 BGB); ohne notarielle Beurkundung ist der Vertrag nichtig.
- Mietvertrag: Formfrei wirksam, aber gilt er für länger als ein Jahr, muss er schriftlich sein – sonst gilt er als auf unbestimmte Zeit geschlossen (§ 550 BGB). Schriftformregeln können den Eigentümerwechsel überdauern (§ 566 BGB).
- Bürgschaft: Grundsätzlich Schriftform (§ 766 BGB).
AGB & Klauselkontrolle
Verwendet eine Partei Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), unterliegen diese der Inhaltskontrolle (§§ 305 ff. BGB). Überraschende oder unangemessene Benachteiligungen sind unwirksam.
Vertragstypen in der Immobilie: Kauf & Miete
Kaufvertrag: Der Verkäufer schuldet Eigentumsverschaffung und mangelfreie Übergabe (§ 433 BGB), der Käufer die Zahlung des Kaufpreises. Bei Grundstückskäufen führt der Notar sicher durch Fälligkeitsvoraussetzungen (u. a. Lastenfreistellung, Vorkaufsrechtsverzicht) und veranlasst Eigentumsumschreibung (§ 873 BGB).
Mietvertrag: Der Vermieter hat die Gebrauchsüberlassung in vertragsgemäßem Zustand zu gewährleisten, der Mieter schuldet Miete und Obhutspflichten (§ 535 BGB). Detailfragen (Betriebskosten, Kaution, Schönheitsreparaturen) sollten schriftlich klar geregelt sein.
Vorvertrag, LOI, Reservierung
Vorverträge oder „Letters of Intent“ können die Verhandlungsphase strukturieren. Sollen sie bindend sein, sind Formvorschriften zu beachten (bei Grundstücksgeschäften notarielle Beurkundung, § 311b BGB). Unverbindliche Absichtserklärungen entfalten nur begrenzte Rechtswirkungen, aber vorvertragliche Pflichten (Aufklärung, Rücksichtnahme) bestehen trotzdem (§ 311 Abs. 2, 3 BGB, § 241 Abs. 2 BGB).
Inhalt & Risiko: Beschaffenheit, Mängel, Haftung
Die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit ist Maßstab für Mängelrechte. Beim Immobilienkauf sind Gewährleistungen oft ausgeschlossen, nicht aber bei arglistigem Verschweigen. In der Miete gilt der Mangelgewährleistungsrahmen (Mietminderung, Mangelbeseitigung, Schadensersatz nach den §§ 536 ff. BGB).
Leistungsstörungen & Rechtsfolgen
Kommt eine Partei ihrer Pflicht nicht nach, greifen die allgemeinen Leistungsstörungsrechte:
- Schadensersatz bei Pflichtverletzung (§§ 280 ff. BGB),
- Rücktritt bei nicht oder schlecht erbrachter Leistung nach Fristsetzung (§ 323 BGB),
- Anfechtung bei Irrtum oder arglistiger Täuschung (§ 119, § 123 BGB).
Verbraucherschutz & Widerruf
Bei Fernabsatz-/Außerhausgeschäften können Verbraucher ein Widerrufsrecht haben (z. B. bei Maklerverträgen), typischerweise nicht beim beurkundeten Immobilienkauf. Maßgeblich sind die Verbraucher-schutzvorschriften zu Informationspflichten und Widerruf (§ 312g BGB i. V. m. § 355 BGB).
AGB-Fallen vermeiden
Vorformulierte Klauseln müssen klar und angemessen sein; besonders in Miet- und Bauträgerverträgen sind zu weitgehende Pflichten oder pauschale Haftungsausschlüsse häufig unwirksam (§ 307 BGB ff.).
Praxis: Gute Verträge sind klar, vollständig und prüffest
- Kauf: Exakte Objektbezeichnung (Grundbuch), Beschaffenheitsvereinbarungen (z. B. „Dachsanierung 2021 nach Fachregel“), Fälligkeitsvoraussetzungen, Lastenfreistellung, Übergabetermin, Regelungen zu Inventar, Energieausweis, Protokolle/Anlagen.
- Miete: Mietsache (Flächen, Ausstattung), Miethöhe/Anpassung (Index/Staffel), Betriebskosten, Kaution, Gebrauchszweck, Instandhaltungspflichten, Schönheitsreparaturen, Untervermietung, Schriftformklausel.
- AGB-Check: Verständlichkeit, keine überraschenden Klauseln, gesetzeskonforme Abwälzungen.
Checkliste vor Unterschrift
- Stimmen alle Essentialia (Parteien, Objekt/Mietsache, Preis/Miete)?
- Ist die erforderliche Form gewahrt (Notar/Schriftform)?
- Sind Risiken (Mängel, Rechte/Lasten, Sonderkündigungen) adressiert?
- Gibt es klare Fristen, Nachweise, Anlagenverzeichnisse?
- Ist die AGB-Konformität geprüft?
Fazit: Vertrag = Konsens + Klarheit + (ggf.) Form
Der Vertrag bindet, weil er auf Einigung über die wesentlichen Punkte, klaren Regelungen und der richtigen Form beruht. Im Immobilienbereich sichern notarielle Beurkundung (Kauf), durchdachte Klauseln (Miete) und transparente Beschaffenheitsvereinbarungen die Rechtssicherheit. Wer Inhalte strukturiert verhandelt, Formvorschriften einhält und Risiken sauber regelt, vermindert Streit – und schafft eine belastbare Grundlage für Kauf, Vermietung und Nutzung.





