Das Erbbaurecht, oft umgangssprachlich als Erbpacht bezeichnet, ist ein besonderes Konstrukt im Immobilienrecht. Es ermöglicht es einer Person, auf einem fremden Grundstück ein Gebäude zu errichten und zu nutzen, ohne selbst Eigentümer des Bodens zu sein. Statt eines klassischen Kaufvertrages wird ein langfristiges Nutzungsrecht eingeräumt. Dieses Recht wird im Grundbuch eingetragen und ist damit einem Eigentumsrecht ähnlich. Im Gegenzug zahlt der Erbbaurechtsnehmer dem Grundstückseigentümer, auch Erbbaurechtsgeber genannt, einen regelmäßigen Erbbauzins. Dieser liegt üblicherweise zwischen 3 und 5 % des Bodenwerts. Das Erbbaurecht hat eine lange Tradition in Deutschland und wird oft von Kirchen, Stiftungen oder Kommunen genutzt, um Flächen verfügbar zu machen, ohne sie endgültig zu veräußern.
Rechtliche Grundlage
Das Erbbaurecht ist im Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) geregelt. Es erlaubt die Bestellung eines dinglichen Rechts, das dem Eigentümer eines Gebäudes auf fremdem Boden ähnliche Rechte wie einem Grundstückseigentümer einräumt. Es wird im Grundbuch durch ein eigenes Erbbaugrundbuchblatt geführt und ist damit rechtlich abgesichert.
Laufzeit und Verlängerung
Erbbaurechte werden in der Regel auf 50 bis 99 Jahre vereinbart. Nach Ablauf der Frist fällt das Grundstück mitsamt dem darauf errichteten Gebäude wieder an den Grundstückseigentümer zurück. Der Erbbaurechtsnehmer hat jedoch Anspruch auf eine Entschädigung für das Gebäude. In vielen Fällen besteht auch die Möglichkeit, das Erbbaurecht zu verlängern oder neu zu verhandeln.
Der Erbbauzins
Als Gegenleistung für die Nutzung des Grundstücks zahlt der Erbbaurechtsnehmer einen jährlichen Erbbauzins. Dieser orientiert sich am Bodenwert und beträgt üblicherweise 3 bis 5 % des Grundstückswerts. Der Erbbauzins kann langfristig festgeschrieben sein oder in regelmäßigen Abständen angepasst werden. Gerade bei stark gestiegenen Grundstückspreisen kann dies zu einer erheblichen Belastung für den Erbbaurechtsnehmer werden.
Rechte und Pflichten
Für beide Vertragsparteien ergeben sich Rechte und Pflichten:
- Erbbaurechtsnehmer: darf das Grundstück bebauen, nutzen, veräußern oder vererben. Er trägt die Lasten und Kosten für das Gebäude sowie die laufenden Abgaben.
- Erbbaurechtsgeber: erhält den Erbbauzins und sichert sich den Rückfall des Grundstücks nach Ablauf der Vertragszeit. Er muss die Nutzung im vereinbarten Rahmen gewähren.
Vorteile des Erbbaurechts
Das Erbbaurecht bietet verschiedene Vorteile:
- Geringere Einstiegskosten: Käufer müssen das Grundstück nicht erwerben, sondern finanzieren nur das Gebäude.
- Langfristige Nutzung: trotz fehlenden Grundstückseigentums kann die Immobilie wie Eigentum genutzt werden.
- Soziale Funktion: Kirchen, Kommunen oder Stiftungen können Wohnraum schaffen, ohne ihr Vermögen dauerhaft aufzugeben.
Nachteile und Risiken
Allerdings bringt das Erbbaurecht auch Nachteile mit sich:
- Erbbauzinsbelastung: die laufenden Zahlungen können über Jahrzehnte hohe Kosten verursachen.
- Wertminderung: Immobilien mit Erbbaurecht sind oft günstiger, erzielen aber auch geringere Verkaufspreise.
- Unsicherheit bei Vertragsende: Nach Ablauf kann es zum Rückfall an den Eigentümer kommen, wenn keine Verlängerung vereinbart wird.
Abgrenzung zur Miete
Im Unterschied zu einem Mietvertrag ist das Erbbaurecht ein d dingliches Recht, das im Grundbuch verankert ist. Der Erbbaurechtsnehmer kann sein Recht verkaufen, vererben oder beleihen. Damit unterscheidet sich das Erbbaurecht fundamental von einer einfachen Miete, die nur ein schuldrechtliches Verhältnis darstellt.
Finanzierung und Beleihung
Banken akzeptieren ein Erbbaurecht grundsätzlich als Kreditsicherheit. Da das Grundstück nicht im Eigentum steht, werden jedoch oft strengere Bedingungen gestellt oder höhere Zinsen verlangt. Die Restlaufzeit des Erbbaurechts spielt eine entscheidende Rolle: Je kürzer sie ist, desto schwieriger wird eine Finanzierung.
Praxisbeispiel
Eine junge Familie möchte ein Haus bauen, kann sich den Kauf eines Grundstücks in der Stadt jedoch nicht leisten. Eine Stiftung bietet ein Grundstück im Erbbaurecht für 99 Jahre an. Die Familie zahlt jährlich 5.000 Euro Erbbauzins, baut ihr Haus darauf und kann es wie Eigentum nutzen. Nach Ablauf der 99 Jahre erhält die Stiftung das Grundstück und das Gebäude zurück, zahlt der Familie jedoch eine Entschädigung für den Restwert des Hauses.
Fazit
Das Erbbaurecht ist eine interessante Alternative zum klassischen Grundstückskauf. Es ermöglicht die Nutzung und Bebauung von Grundstücken ohne deren Erwerb und reduziert so die Einstiegskosten. Gleichzeitig bindet es den Nutzer langfristig an Erbbauzinszahlungen und birgt Unsicherheiten beim Vertragsende. Für viele Familien und Institutionen stellt es dennoch eine attraktive Lösung dar, um Wohnraum zu schaffen und Eigentum auf Zeit zu sichern.