Sonderumlage bezeichnet eine einmalige Extra-Zahlung der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG), wenn unvorhergesehene Ausgaben oder größere Maßnahmen anstehen und die Instandhaltungsrücklage nicht ausreicht. Der Betrag wird per Beschluss festgesetzt und in der Regel nach Miteigentumsanteilen verteilt. Typische Anlässe sind ein akuter Aufzugdefekt, ein Dachschaden nach Sturm oder ein Großprojekt wie Fassadendämmung. Richtig beschlossen, ist die Sonderumlage sofort fällig – Verzögerungen verteuern Projekte und können die Verkehrssicherheit gefährden.
Sonderumlage – Extra-Zahlung der Eigentümer für Ausgaben
Definition und Zweck
Eine Sonderumlage ist eine außerplanmäßige Finanzierung der Gemeinschaftsausgaben. Sie wird erforderlich, wenn die vorhandene Liquidität (laufende Hausgelder, Rücklage) die anstehende Maßnahme nicht deckt. Im Gegensatz zur turnusmäßigen Zuführung zur Rücklage ist die Sonderumlage zweckgebunden und auf einen konkret benannten Finanzbedarf ausgerichtet (z. B. „Dachinstandsetzung Haus A“).
Rechtsgrundlagen und Beschlusskompetenz
Die Erhebung einer Sonderumlage gehört zur ordnungsmäßigen Verwaltung und stützt sich insbesondere auf die Grundsätze in § 19 WEG (ordnungsmäßige Verwaltung) sowie die Vorschriften zum Wirtschaftsplan, Zahlungen und Nachschüssen in § 28 WEG. Die Verteilung der Kosten richtet sich regelmäßig nach § 16 WEG; abweichende Verteilungsschlüssel sind per Vereinbarung oder – soweit gesetzlich zugelassen – durch Beschluss möglich.
Die Sonderumlage wird durch einen gesonderten Beschluss der Eigentümerversammlung erhoben. Dieser Beschluss muss insbesondere enthalten:
- Höhe des Gesamtbetrags und ggf. Ratenstaffel,
- Verteilungsmaßstab (regelmäßig Miteigentumsanteile),
- Fälligkeit(en) und Zahlungsweg,
- Zweckbindung (konkretes Vorhaben) und ggf. Umgang mit Restmitteln.
Formale Grundlage für die Beschlussfassung ist das allgemeine Beschlussrecht der WEG; maßgeblich sind u. a. die Regeln zur Beschlusskompetenz und -durchführung im WEG (z. B. Einberufung und Tagesordnung der Versammlung gemäß § 24 WEG sowie die Beschlussfassung nach § 23 WEG).
Wann ist eine Sonderumlage sinnvoll?
Typische Fälle sind unaufschiebbare Reparaturen (Havarien an Dach, Heizung, Aufzug), Sicherungsmaßnahmen (Standsicherheit, Brand- oder Wasserschäden) und investive Großprojekte (Fassade, energetische Sanierung), wenn Rücklage und laufende Einnahmen nicht genügen. Auch bei Kostensteigerungen während laufender Maßnahmen kann eine Nachfinanzierung nötig sein.
Verteilung, Fälligkeit und Vollstreckbarkeit
Ohne abweichende Regelung verteilt sich die Sonderumlage nach dem allgemeinen Kostenmaßstab der Gemeinschaft, also regelmäßig nach Miteigentumsanteilen (§ 16 WEG). Der Beschluss legt die Fälligkeit fest: häufig sofort, innerhalb von 14–30 Tagen oder in Raten. Ein ordnungsgemäß zustande gekommener Beschluss ist verbindlich; bei Nichtzahlung kann die Gemeinschaft die Forderung gerichtlich geltend machen. Der Verwalter weist die Zahlung üblicherweise auf ein Sonderkonto aus, um die Nachvollziehbarkeit der Mittelverwendung zu gewährleisten.
Abgrenzung: Hausgeld, Rücklage, Nachschuss
Hausgeld (laufende Vorschüsse gemäß Wirtschaftsplan) dient der Deckung wiederkehrender Bewirtschaftungskosten; es basiert auf § 28 WEG. Die Instandhaltungsrücklage ist ein struktureller Vorsorgeposten für künftige Instandsetzungen. Reicht beides nicht, kommt die Sonderumlage als außerplanmäßiger, zweckgebundener Betrag ins Spiel. Ein Nachschuss zu Betriebskosten (z. B. aus der Jahresabrechnung) ist von der Sonderumlage zu unterscheiden: Er gleicht Vergangenes aus, während die Sonderumlage ein vorausblickendes Finanzierungsinstrument ist (§ 28 WEG).
Beschlussfehler vermeiden
Damit die Sonderumlage bestandskräftig ist, sollte der Beschlusstext klar und prüffähig formuliert sein. Bewährt haben sich folgende Elemente:
- Projektbezug: Benennung der Maßnahme (z. B. „Dachsanierung Haus A, Bauabschnitt 1“) mit Kostenrahmen und Vergabe-Beschlussnummer.
- Betrag & Schlüssel: Gesamtsumme, rechnerische Verteilung (MEA) und Beträge je Einheit, idealerweise als Anlage.
- Fälligkeit: Datum, Ratenplan, Verzugsregel.
- Restmittel: Verrechnung mit Rücklage oder Rückzahlung an Eigentümer.
- Beauftragung: Zahlungsabwicklung (Sonderkonto), Bevollmächtigung des Verwalters.
Was passiert bei Eigentümerwechsel?
Die Zahlungspflicht aus einer wirksam beschlossenen Sonderumlage trifft grundsätzlich denjenigen Eigentümer, der zum Zeitpunkt der Fälligkeit Eigentümer ist. Kaufvertragsparteien können intern eine Risiko- und Kostenverteilung vereinbaren (z. B. „Verkäufer trägt bereits beschlossene Sonderumlagen“). Für die Gemeinschaft bleibt jedoch maßgeblich, wer im Fälligkeitszeitpunkt im Grundbuch steht. Käufer sollten daher vor Erwerb die Protokolle der Eigentümerversammlungen und Beschlusssammlungen prüfen sowie eine Verwalterauskunft einholen.
Praxis: Liquiditätsplanung und Alternativen
Eine gut dotierte Instandhaltungsrücklage verringert die Notwendigkeit häufiger Sonderumlagen. Seriöse Gemeinschaften planen mehrjährige Instandhaltungszyklen, holen Vergleichsangebote ein und stimmen Finanzierung, Ausschreibung und Bauabschnitte sauber ab. Alternativen – etwa Zwischenfinanzierung über Kredit – sind möglich, erfordern jedoch einen tragfähigen Beschluss und verursachen Zinskosten; außerdem müssen Kreditaufnahme und Besicherung mit den Vorgaben der ordnungsmäßigen Verwaltung vereinbar sein (§ 19 WEG).
Typische Streitpunkte – und wie man sie entschärft
Konflikte entstehen häufig bei der Verteilung (abweichende Schlüssel), der Dringlichkeit (Havarie vs. Verschiebung) und der Transparenz (Kostenbasis, Vergabe). Gute Praxis ist, vor dem Sonderumlage-Beschluss eine Beschlussvorlage mit Kostenschätzung, Gutachten/Angeboten, Zeitplan und Verteilungsübersicht zu versenden. So wird die Entscheidung rechtssicher, nachvollziehbar und anfechtungsfest.
Checkliste für Verwalter und Beiräte
- Maßnahme, Kostenrahmen und Vergabe vorbereiten; Angebote/Gutachten beilegen.
- Beschlussentwurf: Betrag, Verteilung (§ 16 WEG), Fälligkeit, Zweckbindung, Restmittel.
- Zahlungsabwicklung über separates Konto; Mittelverwendung dokumentieren (§ 28 WEG).
- Transparente Kommunikation: Protokoll, Beschlusssammlung, Information bei Eigentümerwechsel.
Fazit
Die Sonderumlage ist ein wirkungsvolles Steuerungsinstrument, um handlungsfähig zu bleiben, wenn Rücklagen nicht genügen. Sie verlangt einen präzisen, rechtssicheren Beschluss, klare Fälligkeiten und transparente Mittelverwendung. Wer vorausschauend plant, angemessene Rücklagen bildet und Beschlüsse sauber vorbereitet, reduziert Streit – und stellt sicher, dass notwendige Instandsetzungen zeitnah, wirtschaftlich und rechtssicher umgesetzt werden.





