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Verkehrssicherungspflicht

Inhaltsverzeichnis

Verkehrssicherungspflicht bedeutet: Wer ein Grundstück oder Gebäude besitzt bzw. dafür verantwortlich ist, muss Gefahrenquellen so beherrschen, dass Dritte nicht zu Schaden kommen. Dazu zählen u. a. das Räumen und Streuen im Winter, das Sichern loser Dachziegel, die Kontrolle morscher Äste, trittsichere Treppen und ausreichende Beleuchtung. Kommt es wegen Pflichtverletzung zu einem Unfall, drohen Schadensersatz und Schmerzensgeld – rechtlicher Anker ist das Deliktsrecht (z. B. § 823 BGB).

Was umfasst die Verkehrssicherungspflicht – und warum ist sie so wichtig?

Die Verkehrssicherungspflicht ist keine „Extrasorgfalt“, sondern die Grundpflicht des Eigentümers/Betreibers, Gefahren, die aus seinem Verantwortungsbereich stammen, vermeidbar zu halten. Sie gilt überall dort, wo sich Menschen typischerweise aufhalten: Zugänge, Wege, Treppen, Spiel- und Stellflächen, Müllplätze, Technikräume, Fassaden, Bäume, Dächer. Wer diese Pflicht verletzt, haftet aus unerlaubter Handlung (§ 823 BGB); für besondere Gebäuderisiken greifen zusätzlich § 836 BGB (Haftung des Gebäudebesitzers bei Einsturz/Abfall) und – bei bloßem Grundstücksbesitz ohne Gebäudeeigentum – § 837 BGB.

Rechtsfolgen bei Pflichtverletzung

Verletzte können Schadensersatz verlangen (§ 823 BGB), notfalls auch Beseitigung/Unterlassung durchsetzen (§ 1004 BGB). Eine Mitverantwortung des Geschädigten – z. B. bei grober Unachtsamkeit oder ungeeignetem Schuhwerk auf Glatteis – mindert Ansprüche (§ 254 BGB).

Wer ist verpflichtet? Eigentümer – aber oft auch „derjenige, der den Verkehr eröffnet“

Primär trifft die Pflicht den Eigentümer. Verantwortlich kann aber ebenso sein, wer tatsächlich die Gefahrenquelle beherrscht, z. B. der Vermieter, WEG, Verwalter, Mieter (bei allein genutzten Flächen), Hausmeisterdienst oder Betreiber (z. B. Ladeninhaber im Erdgeschoss). In Wohnungseigentumsgemeinschaften liegt die Pflicht für das Gemeinschaftseigentum bei der Gemeinschaft; die ordnungsmäßige Verwaltung umfasst die Organisation von Wartung, Kontrolle und Winterdienst.

Delegation und Übertragung

Eigentümer dürfen Pflichten vertraglich übertragen (z. B. Übertragung des Winterdienstes auf Mieter/Hausmeister). Das entbindet nicht vollständig: Der Übertragende muss sorgfältig auswählen, anleiten und stichprobenartig überwachen. Bei völliger Untätigkeit des Beauftragten bleibt die Haftung oft beim Eigentümer verankert (Stichwort: Organisationsverschulden).

Pflichten im Alltag: Typische Gefahrenquellen und Maßnahmen

  • Winterdienst: Gehwege, Hauseingänge, Zufahrten rechtzeitig räumen und streuen; besonders morgens und abends. Ortssatzungen konkretisieren Uhrzeiten und Umfang – diese sollten im Aushang/Hausordnung verankert sein.
  • Wege & Treppen: Stolperstellen beseitigen, Schmutz/Wasser entfernen, rutschhemmende Beläge und stabile Handläufe vorhalten; Beleuchtung funktionsfähig halten.
  • Dach & Fassade: Lose Ziegel/Bleche fixieren, Schneefang prüfen, Putz- oder Fassadenteile sichern; bei Gefahr Bereichen weiträumig absperren (Haftung nach § 836 BGB besonders relevant).
  • Bäume & Grün: Regelmäßige Baumkontrollen, Totholz und morsche Äste entfernen; Standsicherheit nach Starkwind prüfen. Sichtdreiecke an Ein-/Ausfahrten freihalten.
  • Technik & Anlagen: Aufzüge, Heizung, Tore, Rauchwarnmelder/Brandmeldepunkte, Beleuchtung – Wartung nach Herstellervorgaben und Prüffristen; Prüfprotokolle aufbewahren.
  • Spiel- und Stellflächen: Spielgeräte regelmäßig prüfen, Parkflächen markiert halten, Bodenschwellen/Absätze kennzeichnen.

Beweis- und Dokumentationspraxis

Im Streitfall zählt die Dokumentation: Wartungsverträge, Kontrolllisten (z. B. Winterdienstprotokolle mit Uhrzeit/Wetterlage), Baumkontrollberichte, Mängelmeldungen und Fotos. Sie belegen, dass organisatorisch alles Erforderliche getan wurde.

Organisationspflichten: So setzen Eigentümer die Sicherung wirksam um

Verkehrssicherung ist ein System, kein Einzelakt. Empfehlenswert sind klare Prozesse mit Rollen, Fristen und Eskalation.

Bausteine eines wirksamen Systems

  • Gefährdungsanalyse: Welche Bereiche sind besonders risikobehaftet (Eingang, Kellertreppe, Dachrand, alter Baumbestand)?
  • Wartungs- & Kontrollplan: Intervalle (täglich/wöchentlich/monatlich/jährlich) mit Verantwortlichen festlegen – inkl. Vertretung bei Urlaub/Krankheit.
  • Externe Dienstleister: Sorgfältige Auswahl (Fachkunde, Ruf, Versicherung), klare SLAs (Reaktionszeiten, Bereitschaft bei Schnee/Eis), Sanktionen bei Nichterfüllung.
  • Mängelmeldesystem: Meldeweg für Bewohner/Kunden (E-Mail, Ticket, Telefonnummer), dokumentierte Abarbeitung mit Fristen.
  • Notfallmaßnahmen: Bei akuter Gefahr Absperren, Warnen, Fachfirma/Nothilfe rufen; Nachsorge dokumentieren.

Besondere Konstellationen: WEG, Vermietung, Baustellen

WEG: Für Dach, Fassade, Treppenhaus, Außenanlagen ist die Gemeinschaft zuständig; der Verwalter organisiert die Pflichten. Sondernutzungsflächen (z. B. „privater“ Gartenweg) erfordern klare Regelungen, wer räumt/prüft.

Vermietung: Der Vermieter kann den Winterdienst vertraglich dem Mieter übertragen (Hausordnung/Anlage), sollte aber kontrollieren und bei Ausfall Ersatz organisieren. Im Zweifel haftet er mit.

Baustellen: Wer baut, erhöht Risiken (Gräben, Gerüste, abstürzende Teile). Absperrungen, Beleuchtung, Beschilderung und Aufsicht sind zwingend; Zuständigkeiten zwischen Eigentümer, Bauleiter, Unternehmern müssen vertraglich klar sein.

Gewerbliche Flächen & Publikumsverkehr

Bei Läden, Praxen, Gastronomie ist die Erwartung sicherer Wege und rutschfester Böden besonders hoch. Nässewarnschilder, Schmutzfangzonen und häufigere Kontrollen sind Standard; Kassenzonen und Ausgänge müssen frei bleiben.

Haftung minimieren: Versicherung & Prävention

Auch bei exzellenter Organisation bleibt ein Restrisiko. Eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht (bei Eigennutzern oft in der Privathaftpflicht enthalten) schützt vor finanziellen Folgen berechtigter Ansprüche. Für WEGs und Vermieter gehören Gebäude- sowie Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht zur Grundausstattung; Deckungssummen regelmäßig prüfen und anpassen.

„Sichtbare“ Prävention – auch für die Psyche

Gut wahrnehmbare Maßnahmen (Streugutbox, Warnschilder, Handläufe, Markierungen) senken nicht nur die reale Gefahr, sondern wirken anspruchsmindernd, weil sie Sorgfalt dokumentieren und Nutzer sensibilisieren.

Checkliste: In 10 Schritten rechtssicher unterwegs

  • Gefahrstellen erfassen (Wege, Treppen, Dach, Bäume, Spiel-/Stellflächen, Technik).
  • Pflichtenverteilung schriftlich fixieren (WEG-Beschluss, Mietvertrag, Dienstleistervertrag).
  • Wartungs- und Kontrollplan mit Intervallen und Vertretungen erstellen.
  • Winterdienst organisieren (Routen, Zeiten, Bereitschaft, Material, Vertretung).
  • Baumkontrollen terminieren (regelmäßig, nach Unwettern zusätzlich).
  • Beleuchtung, Handläufe, Bodenbeläge auf Stand halten; Rutschgefahr markieren.
  • Dokumentation führen (Protokolle, Fotos, Tickets).
  • Notfallroutine festlegen (Absperren, Warnen, Fachfirma, Protokoll).
  • Versicherungsschutz prüfen (Deckung, Selbstbehalte, Besonderheiten).
  • Bewohner/Nutzer informieren (Aushänge, Hausordnung, Kontaktkanäle).

Praxisbeispiel: Glatteisunfall am Hauseingang

Ein Passant stürzt morgens um 7:30 Uhr auf dem Gehweg vorm Haus. Der Eigentümer hatte den Winterdienst an einen Dienstleister übertragen, aber keine Rufbereitschaft vereinbart. Es fror über Nacht. Ergebnis: Haftung, weil die Organisation unzureichend war (fehlende Frühtour/Vertretung). Besser: Bereitschaftsfenster, Wettermonitoring, dokumentierte Räumung ab 6:30 Uhr, Streugutbox am Eingang – und Ersatzdienst bei Ausfall.

Fazit: Sicherheit ist organisierte Sorgfalt

Die Verkehrssicherungspflicht verlangt zumutbare Maßnahmen, keine absolute Gefahrlosigkeit. Wer Risiken erkennt, Pflichten klar verteilt, regelmäßig kontrolliert und nachweisbar dokumentiert, minimiert Unfälle – und Haftung. Mit einem strukturierten System aus Prävention, Delegation und Kontrolle erfüllen Eigentümer, Vermieter und Gemeinschaften ihre Verantwortung rechtssicher und wirtschaftlich sinnvoll.

Ihr Ansprechpartner

Frank Breinling
Geschäftsführer und Immobilienvermittler

Telefon: +49 7224 7085
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