Der Beleihungswert ist ein zentraler Begriff in der Baufinanzierung und beschreibt den Wert einer Immobilie, den eine Bank als langfristig erzielbar einschätzt. Er dient als Grundlage für die Berechnung der maximalen Kredithöhe und ist damit ein wichtiges Sicherungsinstrument für Kreditinstitute. Im Gegensatz zum Marktwert, der sich am aktuellen Angebot und an der Nachfrage orientiert, berücksichtigt der Beleihungswert Sicherheitsabschläge, um auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten abgesichert zu sein. In der Praxis liegt er daher in der Regel 10 bis 20 % unter dem Marktwert.
Rechtliche Grundlage
Die Ermittlung des Beleihungswerts ist im Kreditwesengesetz (KWG) und in der Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) geregelt. Banken sind verpflichtet, den Beleihungswert konservativ zu bestimmen, um Risiken aus Wertschwankungen am Immobilienmarkt zu begrenzen. Diese Vorschriften sorgen dafür, dass der Beleihungswert nicht spekulativ ist, sondern auf einer langfristigen, nachhaltigen Wertermittlung basiert.
Unterschied zwischen Marktwert und Beleihungswert
Die Begriffe Marktwert und Beleihungswert werden oft verwechselt, haben aber unterschiedliche Funktionen:
- Marktwert: Preis, der aktuell am Immobilienmarkt erzielt werden könnte, abhängig von Angebot, Nachfrage und Marktlage.
- Beleihungswert: konservativ angesetzter Wert, der auch bei langfristiger Betrachtung realistisch erzielbar erscheint, unabhängig von kurzfristigen Preisschwankungen.
Während der Marktwert stark schwanken kann, soll der Beleihungswert für Planungssicherheit sorgen und eine sichere Grundlage für die Kreditvergabe bieten.
Ermittlung des Beleihungswerts
Die Bank ermittelt den Beleihungswert anhand mehrerer Faktoren:
- Lage des Grundstücks und Umfeldentwicklung,
- Zustand und Baujahr der Immobilie,
- Ertragskraft (z. B. Mieteinnahmen bei vermieteten Objekten),
- Bau- und Ausstattungsqualität,
- rechtliche Rahmenbedingungen (Baulasten, Grunddienstbarkeiten, Erbbaurecht).
Um Risiken auszuschließen, ziehen Banken bei der Wertermittlung in der Regel einen Sicherheitsabschlag vom ermittelten Verkehrswert ab. Dadurch entsteht ein Wert, der auch langfristig Bestand haben soll.
Bedeutung für die Baufinanzierung
Der Beleihungswert ist die Basis für die Beleihungsgrenze und den sogenannten Beleihungsauslauf:
- Beleihungsgrenze: legt fest, bis zu welchem Prozentsatz des Beleihungswerts die Bank Kredite vergibt (meist 60–80 %).
- Beleihungsauslauf: beschreibt das Verhältnis zwischen Darlehenssumme und Beleihungswert. Je niedriger der Auslauf, desto bessere Zinskonditionen erhält der Kreditnehmer.
Damit ist der Beleihungswert der Ausgangspunkt für jede Kreditentscheidung und bestimmt maßgeblich die Konditionen.
Praxisbeispiel
Ein Einfamilienhaus hat einen Verkehrswert von 500.000 Euro. Die Bank setzt den Beleihungswert vorsichtig mit 450.000 Euro an. Bei einer Beleihungsgrenze von 80 % finanziert die Bank maximal 360.000 Euro. Der Käufer muss also 140.000 Euro Eigenkapital einbringen oder zusätzliche Sicherheiten stellen.
Dieses Beispiel zeigt, dass der Beleihungswert nicht den möglichen Verkaufspreis, sondern den langfristig tragfähigen Wert der Immobilie widerspiegelt.
Vorteile des Beleihungswerts
Für Banken und Kreditnehmer bietet der Beleihungswert mehrere Vorteile:
- Sicherheit: schützt Banken vor Verlusten bei Immobilienwertschwankungen.
- Planbarkeit: Kreditnehmer wissen, welche Finanzierung realistisch ist.
- Stabilität: verhindert spekulative Überbewertungen von Immobilien.
Kritik und Einschränkungen
Kritiker bemängeln, dass der Beleihungswert konservativ angesetzt wird und damit die mögliche Finanzierungssumme reduziert. Besonders in dynamischen Märkten wie Großstädten liegt der Marktwert oft deutlich höher als der Beleihungswert. Für Käufer bedeutet das, dass sie mehr Eigenkapital einbringen müssen, obwohl der Marktwert die Sicherheit eigentlich hergeben würde.
Bedeutung für Käufer und Investoren
Für Käufer ist der Beleihungswert eine klare Orientierungsgröße, wie viel Kredit realistisch ist. Investoren kalkulieren auf Basis des Beleihungswerts, um zu prüfen, ob eine Finanzierung mit Renditeerwartungen zusammenpasst. Auch bei Anschlussfinanzierungen spielt er eine Rolle, da Banken den Beleihungswert regelmäßig neu bewerten können.
Fazit
Der Beleihungswert ist die konservative Bewertungsgröße einer Immobilie, die Banken als Grundlage für die Kreditvergabe nutzen. Er unterscheidet sich bewusst vom Marktwert, um langfristige Sicherheit zu gewährleisten. Für Käufer und Investoren ist er ein entscheidender Faktor, da er die maximale Kredithöhe, die Zinsen und die Eigenkapitalanforderungen bestimmt. Wer den Beleihungswert kennt, kann seine Finanzierung realistisch planen und Risiken vermeiden.