Das Disagio, auch Abgeld genannt, ist ein Begriff aus der Kredit- und Immobilienfinanzierung. Es beschreibt den Abschlag vom vereinbarten Darlehensnominalbetrag, den die Bank bei der Auszahlung einbehält. Statt den vollen Kreditbetrag zu erhalten, bekommt der Kreditnehmer also nur einen reduzierten Auszahlungsbetrag. Beispiel: Bei einem Darlehen über 100.000 Euro mit 5 % Disagio zahlt die Bank lediglich 95.000 Euro aus. Das Disagio wird dabei als eine Art Zinsvorauszahlung verstanden, die über die Laufzeit des Darlehens wirkt. Im Gegenzug gewährt die Bank häufig einen niedrigeren Sollzinssatz. Für Kreditnehmer kann das Disagio in bestimmten Fällen steuerliche Vorteile bringen, insbesondere bei vermieteten Immobilien.
Funktionsweise des Disagios
Das Disagio reduziert die Auszahlungssumme des Darlehens, während die Rückzahlung auf Basis des vollen Nominalbetrags erfolgt. Dadurch ist der Kreditnehmer von Beginn an mit der gesamten Darlehenssumme verpflichtet, obwohl er nur den verminderten Betrag erhalten hat. Der Abschlag dient der Bank als vorweggenommene Verzinsung. Banken nutzen das Disagio, um ihre Zinseinnahmen zu sichern und die Kreditkonditionen an Marktgegebenheiten anzupassen.
Rechenbeispiel
Ein Kreditnehmer vereinbart ein Darlehen von 200.000 Euro mit 4 % Disagio. Ausgezahlt werden 192.000 Euro. Die Zinsen berechnet die Bank jedoch auf die vollen 200.000 Euro. Der Effekt: Der Kreditnehmer trägt von Beginn an eine höhere Zinslast im Verhältnis zur Auszahlung, profitiert jedoch häufig von einem niedrigeren nominalen Zinssatz.
Vorteile des Disagios
Ein vereinbartes Disagio kann verschiedene Vorteile mit sich bringen:
- Niedrigerer Sollzins: Banken gewähren in der Regel einen günstigeren Zinssatz.
- Steuerliche Vorteile: Bei vermieteten Immobilien kann das Disagio im Jahr der Auszahlung in voller Höhe als Werbungskosten abgesetzt werden.
- Planungssicherheit: Für die gesamte Zinsbindungsfrist steht der vereinbarte Sollzins fest, der durch das Disagio optimiert werden kann.
Nachteile und Risiken
Gleichzeitig bringt das Disagio auch Nachteile für Kreditnehmer:
- Geringere Liquidität: Da die Auszahlung niedriger ist, muss ggf. zusätzlich Eigenkapital eingebracht werden.
- Höhere Effektivzinsen: Der nominell niedrigere Sollzins kann durch die Vorabverzinsung zu höheren tatsächlichen Kosten führen.
- Verlust bei vorzeitiger Rückzahlung: Wird das Darlehen vor Ablauf der Zinsbindung zurückgezahlt, hat der Kreditnehmer die bereits gezahlten Disagio-Kosten nicht vollständig genutzt.
Disagio und Effektivzins
Da das Disagio wie eine vorweggenommene Zinszahlung wirkt, erhöht es den Effektivzins des Darlehens. Dieser berücksichtigt neben dem Nominalzins auch alle Nebenkosten und gibt so die tatsächliche jährliche Belastung des Kreditnehmers an. Ein niedriger Nominalzins durch Disagio muss also immer im Zusammenhang mit dem Effektivzins betrachtet werden.
Steuerliche Behandlung
Für Kapitalanleger, die eine vermietete Immobilie finanzieren, ist das Disagio steuerlich besonders interessant. Es kann als Werbungskosten sofort im Jahr der Auszahlung geltend gemacht werden. Dadurch mindert es die steuerliche Belastung des Investors. Für Eigennutzer hingegen entfällt dieser Vorteil, da sie keine Werbungskosten im Zusammenhang mit ihrer selbstgenutzten Immobilie absetzen können.
Wann lohnt sich ein Disagio?
Ein Disagio kann sich lohnen, wenn:
- die Immobilie vermietet wird und der Steuerabzug genutzt werden kann,
- der Kreditnehmer genügend Eigenkapital hat, um die geringere Auszahlung zu kompensieren,
- eine lange Zinsbindung vereinbart wird, sodass der Vorteil des niedrigeren Sollzinses zum Tragen kommt.
In allen anderen Fällen kann ein Disagio die Finanzierung unnötig verteuern und die Liquidität einschränken.
Praxisbeispiel
Ein Investor finanziert eine Eigentumswohnung über ein Darlehen von 150.000 Euro mit 6 % Disagio. Er erhält 141.000 Euro ausgezahlt, zahlt aber Zinsen auf die vollen 150.000 Euro. Durch das Disagio sinkt der Sollzins um 0,3 Prozentpunkte. Gleichzeitig kann der Investor die 9.000 Euro Disagio steuerlich geltend machen, wodurch sich die Finanzierung für ihn trotz niedrigerer Auszahlung rechnet.
Fazit
Das Disagio ist ein wichtiges Instrument der Kreditgestaltung, das als Zinsvorauszahlung dient. Es reduziert die Auszahlungsquote, senkt aber im Gegenzug häufig den Sollzins. Während Eigennutzer eher vorsichtig damit umgehen sollten, kann es für Kapitalanleger mit vermieteten Immobilien durch steuerliche Vorteile besonders attraktiv sein. Vor einer Entscheidung ist jedoch stets der Effektivzins maßgeblich, da er die tatsächlichen Kosten eines Darlehens vollständig abbildet.





