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Verkehrswertgutachten

Inhaltsverzeichnis

Verkehrswertgutachten ist die schriftliche, nachvollziehbare Wertermittlung einer Immobilie durch einen qualifizierten Sachverständigen. Es dokumentiert Objekt, Rechte und Lasten, Markt- und Datenlage sowie die Herleitung des Verkehrswerts (Marktwerts) nach anerkannten Verfahren (Vergleichswert, Ertragswert, Sachwert) und schafft so Transparenz und Akzeptanz – etwa bei Verkauf, Finanzierung, Erbauseinandersetzung oder vor Gericht.

Definition, Zweck & Rechtsrahmen

Der Verkehrswert (Marktwert) ist der Preis, der am Bewertungsstichtag im gewöhnlichen Geschäftsverkehr voraussichtlich erzielt würde. Die gesetzliche Definition findet sich in § 194 BauGB. Ein Verkehrswertgutachten setzt diese Definition praktisch um: Es sammelt die relevanten Objekt- und Marktdaten, wählt die passenden Verfahren und leitet hieraus eine begründete Wertzahl – häufig ergänzt um eine realistische Bandbreite – ab. Methodische Leitplanken liefert die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV), u. a. zu Bodenrichtwerten, Liegenschaftszinsen, Indexreihen und Marktanpassung.

Typische Anlässe für ein Verkehrswertgutachten

  • Gerichtsverfahren (z. B. Scheidung, Zwangsversteigerung, Enteignungsentschädigung),
  • Erbauseinandersetzung und Pflichtteilsermittlung,
  • Verkauf/Vermarktung als neutrale Entscheidungsgrundlage,
  • Finanzierung und interne Risikobewertung (ergänzend zum Beleihungswert nach BelWertV),
  • Steuerliche Zwecke (Schenkung/Erbschaft, Grundbesitzbewertung) oder Bilanzierung.

Aufbau & Inhalte: Was ein belastbares Gutachten enthält

Ein professionelles Verkehrswertgutachten folgt einer klaren Struktur und ist für Dritte nachprüfbar:

  • Deckblatt & Auftrag: Auftraggeber, Objekt, Zielstellung, Stichtag, Verfahrenswahl.
  • Objektbeschreibung: Lage (Makro/Mikro), Grundstück, Gebäude (Baujahr, Bauart, Flächen, Grundriss), baulicher Zustand, energetische Qualität.
  • Rechtslage: Grundbuch (Abt. II/III), Dienstbarkeiten, Wegerechte, Erbbaurecht, Miet-/Pachtverhältnisse, öffentlich-rechtliches Planungsrecht (B-Plan/§34/§35).
  • Marktdaten: Bodenrichtwert, Liegenschaftszinssatz, Vergleichskaufpreise, Miet- und Renditeniveau, Indexreihen (gemäß ImmoWertV).
  • Wertermittlung: Herleitung nach Vergleichs-, Ertrags- und/oder Sachwertverfahren inkl. Zu-/Abschlägen, Zeitkorrekturen und Marktanpassung.
  • Ergebnisbildung: Wertzahl und – wenn angebracht – Bandbreite, Begründung der finalen Gewichtung.
  • Anlagen: Pläne, Flurkarte, Fotos, Belege (Mietverträge, Protokolle), Berechnungstabellen.

Datenbasis & Qualität

Die Qualität eines Gutachtens steht und fällt mit der Datenlage. Primärquellen sind u. a. Gutachterausschüsse (Kaufpreissammlung, Bodenrichtwerte), Marktberichte, Mietspiegel, technische Unterlagen. Wichtig sind Nachvollziehbarkeit (jede Zahl hat eine Quelle) und Plausibilisierung (zweites Verfahren, Sensitivität).

Methodik: So wird der Verkehrswert hergeleitet

Die ImmoWertV gibt keine starre Reihenfolge vor. Entscheidend sind Marktsegment, Datenverfügbarkeit und Objektbesonderheiten. Oft werden Verfahren kombiniert.

Vergleichswertverfahren

Aus realen Kaufpreisen vergleichbarer Objekte wird – nach Anpassungen für Unterschiede in Lage, Größe, Zustand und Ausstattung – der Wert des Bewertungsobjekts abgeleitet. Ideal für Eigentumswohnungen und unbebaute Grundstücke sowie für Häuser in homogenen Lagen.

Ertragswertverfahren

Für renditeorientierte Immobilien (MFH, Gewerbe) wird der Wert aus dem nachhaltigen Reinertrag kapitalisiert. Kerngrößen: marktübliche Miete, Bewirtschaftungskosten, Liegenschaftszins, Restnutzungsdauer, Bodenwert. Ergebnis ist ein kapitalmarktkonsistenter Marktwert bei gegebener Mietsituation.

Sachwertverfahren

Wenn Vergleichspreise fehlen und Ertragslogik nicht dominiert (individuelle Einfamilienhäuser), wird der Wert aus Herstellungskosten der baulichen Anlagen (abzgl. Alterswertminderung) plus Bodenwert gebildet und mittels Marktanpassungsfaktor auf das lokale Preisniveau skaliert.

Rechte, Lasten & Besonderheiten korrekt berücksichtigen

Rechtsverhältnisse können den Marktwert erheblich beeinflussen und müssen explizit eingepreist werden:

  • Erbbaurecht: anderer Eigentumstatbestand und Erbbauzins → regelmäßig Abschlag ggü. Volleigentum.
  • Nießbrauch/Wohnrechte: Nutzung ist eingeschränkt → Wertminderung durch Barwertmethode (Anwartschaftsdauer, Vorteil des Berechtigten).
  • Mietbindungen: langfristige Verträge, Staffeln, Indexmietklauseln, Sozialbindungen – wirken auf Erträge und Marktgängigkeit.
  • Baurecht & Auflagen: Denkmalschutz, Altlasten, Stellplatzauflagen, Lärm – je nach Intensität individuell zu bewerten.

Stichtag & Marktdynamik

Alle Werte sind stichtagsbezogen. Ältere Vergleichspreise werden zeitlich indexiert; in volatilen Phasen (Zinswende) empfiehlt sich eine Bandbreitenbetrachtung und eine Sensitivitätsanalyse (z. B. ±0,25 %-Punkte Liegenschaftszins).

Ablauf & Prozess: Vom Auftrag zur fertigen Expertise

  1. Briefing & Zieldefinition: Wofür wird der Wert benötigt (Gericht, Verkauf, intern)? Welcher Stichtag?
  2. Unterlagen: Grundbuchauszug, Flurkarte, Bauunterlagen, Flächenberechnungen, Mietverträge, Protokolle, Energieausweis, Instandhaltungshistorie.
  3. Ortstermin: Innen-/Außenbesichtigung, Fotodokumentation, Zustandserfassung, ggf. Bauteilöffnungen (indizienbasiert).
  4. Datenrecherche: Kaufpreise, Bodenrichtwert, Liegenschaftszins, Mieten, Leerstände, Marktberichte.
  5. Berechnung & Plausibilisierung: Hauptverfahren + Nebenverfahren, Zu-/Abschläge, Zeitkorrektur, Marktanpassung.
  6. Bericht: Rechenweg, Annahmen, Ergebnis (Wertzahl + Bandbreite), Anlagen. Übergabe und Erläuterung.

Dauer & Kosten

Die Bearbeitungszeit hängt von Objektkomplexität und Datenzugang ab (einige Tage bis mehrere Wochen). Die Vergütung ist bei privaten Aufträgen frei vereinbar (Pauschale/Stundensatz). Für gerichtlich bestellte Sachverständige richtet sich die Entschädigung nach dem JVEG (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz). Transparente Angebote enthalten Leistungsumfang, Zahl der Ortstermine, Rechenverfahren und Anzahl der Ausfertigungen.

Wann reicht eine Kurzeinschätzung – und wann braucht es das Vollgutachten?

Kurzbewertung/Preisindikation genügt bei internen Entscheidungen mit niedriger Streit-/Haftungsrelevanz (z. B. „Halten/Verkaufen?“). Verkehrswertgutachten ist angezeigt, wenn der Wert rechts- oder vermögenswirksam wird: gerichtliche Auseinandersetzungen, steuerliche Themen, Erbschaften, Vermögensaufteilungen, komplexe Rechte-/Lastenkonstellationen oder hohe Werte.

Bankbewertung vs. Verkehrswertgutachten

Banken ermitteln häufig einen Beleihungswert nach BelWertV – Sicherheitswert für die Kreditvergabe, bewusst konservativ. Ein Verkehrswertgutachten nach ImmoWertV spiegelt den aktuellen Markt wider; Abweichungen sind normal und methodisch gewollt.

Typische Fehler – und wie Sie sie vermeiden

  • Angebotspreise statt Kaufpreise verwenden → nur tatsächliche Transaktionen taugen als Vergleich.
  • Flächenfehler (Wohn-/Nutzfläche verwechseln) → nach anerkannten Normen prüfen.
  • Stichtag ignorieren → Preisniveau zeitlich fortschreiben.
  • Rechte/Lasten übersehenNießbrauch, Erbbaurecht, Dienstbarkeiten explizit bewerten.
  • Verfahrensdogma → Verfahren nach Marktlogik wählen, plausibilisieren und transparent dokumentieren.

Checkliste für Auftraggeber

  • Ziel & Stichtag klar definieren; gewünschte Ergebnisdarstellung (Zahl/Bandbreite).
  • Unterlagen frühzeitig zusammentragen (Grundbuch, Pläne, Flächen, Mieten, Energieausweis).
  • Zutritt für Ortstermin sicherstellen (inkl. Technikräume, DG/KG).
  • Besonderheiten offenlegen (Mängel, Rechte, anstehende Maßnahmen).
  • Qualifikation des Sachverständigen prüfen (Zertifizierung, Referenzen).

Beispiel: Mehrfamilienhaus in städtischer Lage

Objekt: 10 WE, Baujahr 1968, modernisierte Heizung, teilsaniert, 820 m² Wfl., Grund 680 m². Mieten heterogen, Leerstand 5 %. Daten: Bodenrichtwert 1.000 €/m², marktübliche Mieten 12–14 €/m², Liegenschaftszins 4,3 %. Verfahren: Ertragswert als Hauptverfahren (Nachhaltigkeitsmiete normiert, Bewirtschaftungskosten 28 %, Restnutzungsdauer 35 J.), Vergleichswert über €/m²-Transaktionen zur Plausibilisierung. Ergebnis: Ertragswert der baulichen Anlagen 2,05 Mio. €, zzgl. Bodenwert 0,68 Mio. € → 2,73 Mio. €. Vergleichswertspanne 2,65–2,80 Mio. €. Finale Wertzahl: 2,72 Mio. € (Bandbreite 2,65–2,80 Mio. €), begründet mit Mietenmix, Leerstand und anstehender Fassadeninstandsetzung.

Dokumentation & Nachvollziehbarkeit

Das Gutachten legt Vergleichsfälle, Berechnungsblätter (Ertrag/Sachwert), Annahmen (Miete, Kosten, Zins) und Marktanpassung offen. So ist der Wert für Banken, Gerichte und Parteien transparent und überprüfbar.

Fazit: Objektiv, strukturiert – und damit akzeptanzfähig

Ein Verkehrswertgutachten übersetzt Marktbeobachtung, Rechtslage und Objektfakten in eine stichtagsbezogene, begründete Wertzahl. Es folgt der Systematik von § 194 BauGB und der ImmoWertV und ist dort unverzichtbar, wo Entscheidungen rechtssicher und fair getroffen werden müssen – von der Erbauseinandersetzung über den Verkauf bis zur gerichtlichen Klärung. Wer qualifizierte Sachverständige beauftragt, vollständige Unterlagen liefert und die Verfahrenslogik mitträgt, erhält ein Ergebnis, das Bestand hat – fachlich, wirtschaftlich und rechtlich.

Ihr Ansprechpartner

Frank Breinling
Geschäftsführer und Immobilienvermittler

Telefon: +49 7224 7085
E-Mail: info@heim-und-wert.de

Heim & Wert Immobilien Gmbh | Frank Breinling

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